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Festschrift

„100 Jahre Eintracht Mahlsdorf e.V.“

1897 - 1997

Klaus Prösdorf

Vom „gewaltigen Ping-pong-Verein"

Tischtennis

„Tischtennis willst Du spielen? In Jena hast Du bisher gespielt und suchst jetzt hier in Berlin einen Verein? Kein Problem! Natürlich kannst Du bei uns Tischtennis spielen. Komm doch morgen abend bei mir vorbei, Golzower Straße 28/30, dann können wir alles bereden!" So Werner Teichert, seinerzeit Vorsitzender der BSG Medizin Lichtenberg, bei unserem ersten Telefongespräch im Herbst 1978. - Reichlich 24 Stunden später saß ich in seinem Haus in Mahlsdorf-Süd, blickte ungläubig zu dem Mann hinüber, der mir im Halbdunkel seines Wohnzimmers in einem riesigen Ohrensessel gegenübersaß und unaufhörlich auf mich einredete. Am Ende begriff ich nur soviel, daß, obwohl schon um die Jahrhundertwende in allen größeren Städten Europas Tischtennis gespielt wurde, es hier in diesem Teil Berlins keinen organisierten Tischtenniswettkampfsport gab.

Werner Teichert spürte wohl die seltene Chance, jemanden für den Aufbau einer eigenen Tischtennisabteilung gewinnen zu können. Niemals, so sagte ich, würde ich Sportfunktionär. Doch der alte Fuchs ließ nicht locker: „Du willst doch Tischtennis spielen, oder...?" Nicht zuletzt wegen seiner Hartnäckigkeit und seines unerschütterlichen Vertrauens in das Gelingen gebührt ihm das Verdienst, die Geburtsstunde der Tischtennisabteilung eingeläutet zu haben, obwohl noch fast zwei Jahre bis zur Gründung der damaligen Sektion Tischtennis vergehen sollten. Aber auch der bald darauf neugewählte Vorsitzende, Gerhard Prill, hat Herz und Engagement für unseren Sport bewiesen, sich stets tolerant gegenüber abteilungsinternen Entscheidungen verhalten, war aber immer da, wenn wir ihn brauchten.

Am Freitag, dem 19. September 1980, wurde die Sektion Tischtennis der nunmehrigen BSG Medizin Marzahn - inzwischen war Mahlsdorf dem 1979 neugebildeten Bezirk Marzahn zugeschlagen worden - gegründet. Die Namen der fünf Gründungsmitglieder waren: Carsten Cudok (Jahrgang 1962), Kai Grasnick (Jahrgang 1965), Klaus Prösdorf (Jahrgang 1945), Manuela Schmidt (Jahrgang 1963) und Wolfgang Standke (Jahrgang 1936). Carsten Cudok, Klaus Prösdorf und Wolfgang Standke sind noch heute in unserem Verein. Gründungsort war die Turnhalle der damaligen 21. Polytechnischen Oberschule, der heutigen F.-C.-Achard-Grundschule, in der Kaulsdorfer Adolfstraße.

Kaum vorstellbar erscheinen heute die äußerst ungünstigen äußeren Bedingungen, unter denen wir damals begannen. Zwei ständig reparaturbedürftige, arg vom Schulsport strapazierte Tischtennisplatten, fehlende Umkleideräume (umziehen mußte man sich auf der Podiumsbühne der Turnhalle), Lichtverhältnisse, die Gegner und eigene Spieler oft verzweifeln ließen, waren nicht gerade die besten Startbedingungen, konnten aber die Entwicklung nicht aufhalten. Größtes Plus und Potential für unsere Arbeit war die in dieser Schule bereits einige Jahre bestehende Schularbeitsgemeinschaft Tischtennis unter Leitung von Wolfgang Standke. Er war hier Lehrer und Vollblutvolleyballer, aber eben auch Tischtennisspieler und ist dieser Sportart bis heute treu geblieben. Ende 1980 waren wir acht Mitglieder, davon drei Jugendliche, und spielten in der 2. Kreisklasse, der damals untersten Spielklasse.

Um die Spiel- und Trainingsbedingungen zu verbessern, besorgten wir uns auf privatem Wege von der Feuerwehr zwei Flutlichtstrahler und montierten diese - in der Höhe verstellbar - in unserer Turnhalle. Ende 1981 war unsere damalige Sektion auf 25 Mitglieder, darunter 15 Kinder bzw. Jugendliche, angewachsen. Zwei Herrenteams und eine Jugendmannschaft standen im Spielbetrieb, und bei den 1. Kreismeisterschaften des Stadtbezirks Marzahn konnten wir drei Kreismeister stellen, errangen darüber hinaus einen zweiten und einen dritten Platz. Damit waren wir im Tischtennis der erfolgreichste Verein. Unsere ersten Kreismeister waren Sabine Schmidt im Damen-Einzel, Manuela Schmidt/Cornelia Rose im Damen-Doppel und Bernd Schindler/Klaus Prösdorf im Herren-Doppel.

Endlich, am 1. Januar 1982 hatten wir es geschafft. Als neue Trainings- und Wettkampfstätte erhielten wir die Turnhalle der damals neuerbauten 22. Polytechnischen Oberschule in der Kaulsdorfer Bausdorfstraße (heute Grundschulteil der Jules-Verne-Oberschule) zugewiesen. Sie steht uns seitdem an zwei Abenden in der Woche, jeweils montags und freitags, sowie am Sonntagvormittag zur Verfügung. Hier fanden wir ausreichend Platz, um neun Tischtennisplatten aufzustellen, dazu hatten wir gute bis sehr gute Lichtverhältnisse. Auch Umkleidekabinen mit Duschen standen uns zur Verfügung, und wir erhielten Schlüsselgewalt für die Eingangstür zu unserer Halle. Diese Turnhalle in der Bausdorfstraße ist auch noch heute unsere Heimstatt.

Dank tatkräftiger Unterstützung durch unseren Vereinsvorstand und die Abteilung Jugend und Sport des damaligen Marzahner Bezirksamtes standen uns Ende 1982 bereits 11 Tischtennisplatten zur Verfügung. Wir übernahmen die Betreuung der Tischtennis-Arbeitsgemeinschaften beider Schulen, der 21. und der 22., womit wir zugleich unseren Nachwuchs sicherten. Ein Wahnsinnserfolg war der Aufstieg der 1. Männermannschaft in der Besetzung Prösdorf, Standke, Cudok und Schindler, unvergessen ein solches Spiel wie das von Schindler gegen Schiemann (Adlershof), aber auch die nachfolgende Aufstiegsfeier.

Die günstigen materiellen Bedingungen, die Bemühungen der Übungsleiter, aber auch die sportlichen Erfolge führten zu einem kontinuierlichen Anstieg der Mitgliederzahlen, insbesondere der jugendlichen Mitglieder unserer Sektion bzw. heutigen Abteilung. Ende 1983 verzeichneten wir 41 Mitglieder, darunter 20 Kinder und Jugendliche. 1986 waren es 52 Mitglieder, die mit acht Mannschaften am Wettkampfbetrieb teilnahmen und 1989 schon 70 Mitglieder, davon 31 Kinder und Jugendliche, die in elf Wettkampfmannschaften spielten. Nach einer kurzen Stagnation in der Wendezeit (1992 zählte die Abteilung 60 Mitglieder) wuchs die Mitgliederzahl im Jahre 1994 auf 80 und 1996 gar auf 100. Etwa die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche. Im Wettkampfjahr 1995/96 vertraten den BSV Eintracht nicht weniger als 13 Mannschaften, darunter erstmals auch eine Seniorenmannschaft.

Im Ergebnis intensiver Trainingsarbeit ließen auch weitere sportliche Erfolge nicht lange auf sich warten. Schon 1983 konnten wir bei den Kreismeisterschaften erneut als erfolgreichster Verein abschneiden. Bei der Kreisspartakiade der Kinder und Jugendlichen im gleichen Jahr errangen unsere jungen Sportler acht Gold-, sieben Silber- und neun Bronzemedaillen, womit wir auch hier die erfolgreichste Mannschaft stellten. Die 1. Herrenmannschaft stieg in die 1. Kreisliga und die männliche Jugend in die Bezirksklasse auf. Schon ein Jahr später, 1984, gelang der männlichen Jugend in der Besetzung Gemmer, Fiedler, St. Cudok, Funk, aber auch der weiblichen Jugend mit Löwe, Blümel, Rehak und

Stärkung vor dem ersten Auslandsturnier in Dänemark 1992

Umlauf der Aufstieg in die Bezirksliga, der höchsten Jugendklasse Ostberlins. In den Jahren 1984 und 1985 gewannen unsere Damen zweimal hintereinander den FDGB-Kreispokal.

Bei der Bezirksspartakiade der Kinder und Jugend 1985 konnte unsere Carola Bratvogel zweimal Gold erringen, und die 1. Herrenmannschaft erkämpfte in diesem Jahr in der Besetzung Prösdorf, Standke, Klensky, Schindler und Dung, einem sympathischen vietnamesischen Sportler, den Aufstieg in die Bezirksklasse. - Dung LY Truc, Architekt, Karikaturist und Hobbykoch und über mehrere Jahre beliebtes Mitglied des Vereins und unserer 1. Männermannschaft, war ein ausgezeichneter Defensivspieler, 1986 sogar Sektionsmeister im Einzel, ehe er 1987 wieder in seine Heimat zurückkehrte. - In der Besetzung Böhme, Prösdorf, Klensky, Dung und Zech erspielte die Mannschaft schließlich 1987 den Aufstieg in die nächsthöhere Spielklasse, der die Mannschaft zwei Jahre angehörte.

Wenn es auch der 1. Männermannschaft nach der Wende nicht unmittelbar gelang, die 1. Kreisliga, in die sie eingestuft worden war, zu halten, haben im Jahre 1993 doch alle zehn weiteren Mannschaften den Aufstieg in die nächsthöhere Spielklasse geschafft. Nachdem die 1. Män-

Turnier in Ejsberg/Dänemark 1994 (Im Hintergrund Abteilungsleiter Frank Böhme)

nermannschaft jedoch das Ausscheiden einiger wichtiger Spieler verkraftet hatte, gelang auch ihr, neuformiert, im Jahre 1996 in der Besetzung Bolz, Th. Krüger, Stingl, Böhme, Prösdorf, Leschik und Wollenburg nach einer großartigen Saison wieder der Aufstieg in die 1. Kreisliga. Im gleichen Jahr erkämpfte sich die neugebildete Seniorenmannschaft einen Platz in der 4. Klasse. Mit phantastischen Leistungen wartete auch die 1. männliche Jugendmannschaft auf, die mit Martin Schmidt, Kolja Krüger, Tobias Bänsch und Michael Höhne den Aufstieg in die Meisterliga, Berlins höchster Jugendklasse, erkämpfte und sich dort auch behauptete. Erstmals nahmen unsere Sportler im Jahre 1992 am größten europäischen Tischtennisturnier in Ejsberg/Dänemark teil, an dem sie sich auch im Folgejahr beteiligten. 1995 fuhren wir dann zu einem internationalen Turnier nach Winterthur in die Schweiz, dem sich 1996 eine erfolgreiche Teilnahme an einem Turnier in Brüssel anschloß. Hier haben Cornelia Rösler einen ersten Platz bei den Damen und Klaus Prösdorf einen zweiten bei den Senioren errungen.

Eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Abteilung Tischtennis spielten immer Freundschaftsvergleiche mit anderen Vereinen. Bereits 1983 fand ein solcher Vergleich mit der BSG Medizin Jena statt. Ihm folgte 1984 der erste Freundschaftsvergleich mit Germina Fambach, der eine langjährige Verbindung einleitete, und 1985 mit der BSG Rostock-Süd. Nach dem Fall der Mauer trugen wir im Jahre 1990 die ersten Freundschaftsspiele mit dem SCC Charlottenburg und der SG Kaarst aus. Anläßlich unseres 10- bzw. 15jährigen Bestehens führten wir in unserer Halle Zweier-Mannschafts-Turniere durch, zu denen wir jeweils befreundete Mannschaften aus Berlin und der Umgebung eingeladen haben. Zum 1. Turnier am 26. Januar 1991 waren unserer Einladung gefolgt: Sportfreunde von RW Neuenhagen, TSV Marienfelde und dem SSC Charlottenburg; am 2. (1995) nahm unter anderen auch die 1. Mannschaft des Polizei-Sportvereins teil, die auch den Wettkampf gewann.

Nicht wegzudenken aus dem Leben der Abteilung Tischtennis sind die geselligen Veranstaltungen und Unternehmungen, die die alltäglichen Mühen belohnten und das Zusammengehörigkeitsgefühl beförderten. Erwähnt werden müssen hier unter anderen der Schach- und Tischtennisvergleich mit der damaligen Sektion Schach im Jahre 1983, die jährlichen Gartenfeste bei Jens Liebnitz und Wolfgang Standke, die wiederholten Wochenendfahrten mit den Familienangehörigen nach Plau am See auf das Grundstück unseres Rainer Looks sowie die jährlichen Skatturniere. Gebührend gefeiert wurden das fünfjährige Bestehen der Abteilung am 14. März 1986 in der Gaststätte „Südstern" in Mahlsdorf-Süd und das zehnjährige im „Marzahner Krug". Einen Höhepunkt bildete zweifellos die einwöchige Belgien-Reise im Jahre 1996, die mit der glücklichen Teilnahme am Brüsseler Tischtennisturnier verbunden war.

Waren die Fragen der Organisation zu DDR-Zeiten durch die Sportpolitik von Partei und Staat gesetzt, so erforderten die Wende und die Eingliederung in das bundesdeutsche Sportleben nach 1990 eigenständige Entscheidungen. Die Mehrheit der Mitglieder der Abteilung Tischtennis votierte für die Aufnahme in den Betriebssportverband.

In der Folge starteten zwei Herrenmannschaften den neuen Wettkampfbetrieb unter dem Namen "Maler Carius". Der Namensgeber, unser Mitglied Gert Carius, sponserte diese Mannschaften auch mit Spielkleidung und Bällen. Er unterstützte aber auch in den Folgejahren die Abteilung finanziell mit nicht unerheblichen Beiträgen. - Zwei Herrenmannschaften sowie die Kinder und Jugendlichen verblieben jedoch im BFA Tischtennis, der im Mai 1990 mit dem Berliner Tischtennis-Verband fusionierte. Am 1. Januar 1991 beantragten wir dann formell die Aufnahme in den Berliner Tischtennis-Verband e.V. als Abteilung Tischtennis des Berliner Sportvereins Eintracht Mahlsdorf e.V.

Gegen Ende des Jahres 1991 mußten wir jedoch feststellen, daß der Wettkampfbetrieb in zwei verschiedenen Fachverbänden mit unterschiedlichen finanziellen Anforderungen und Wettkampfstrukturen keineswegs leistungsfördernd, sondern eher entwicklungshemmend auf die Abteilung wirkte.

Nach offenen und klärenden Gesprächen unter Freunden wurden noch im November 1991 auf einer Mitgliederversammlung Konsequenzen gezogen. Eine neue Abteilungsleitung wurde gewählt, bestehend aus neuen Kandidaten und erfahrenen Sportfunktionären. Mehrheitlich wurde beschlossen, nach Beendigung des Spieljahres 1991/92 den Austritt aus dem Betriebssportverband zu vollziehen. Darüber hinaus wurden die Beiträge den neuen Bedingungen angepaßt, die Aufnahmemodalitäten und die Trainingszeiten neu festgelegt. Seit dem Wettkampfjahr 1992/93 nehmen alle unsere Mannschaften am Spielbetrieb des Berliner Tischtennis-Verbandes e.V. teil.

Auszug der Seiten 56 – 59

Gründung der Abt. Tischtennis

 

Verfasser: Klaus Prösdorf
Quelle: Festschrift anlässlich des 100 jährigen Bestehens des Vereins Eintracht Mahlsdorf e.V. im Jahr 1997

 

 
 

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Last Update: 24.01.2024

   

Verantwortlich: Ralf Schemmel

E-Mail: Ralf.Schemmel@scebtt.de