Klaus Prösdorf
Vom „gewaltigen Ping-pong-Verein"
Tischtennis
„Tischtennis willst Du
spielen? In Jena hast Du
bisher gespielt und
suchst jetzt hier in
Berlin einen Verein?
Kein Problem! Natürlich
kannst Du bei uns
Tischtennis spielen.
Komm doch morgen abend
bei mir vorbei, Golzower
Straße 28/30, dann
können wir alles
bereden!" So Werner
Teichert, seinerzeit
Vorsitzender der BSG
Medizin Lichtenberg, bei
unserem ersten
Telefongespräch im
Herbst 1978. - Reichlich
24 Stunden später saß
ich in seinem Haus in
Mahlsdorf-Süd, blickte
ungläubig zu dem Mann
hinüber, der mir im
Halbdunkel seines
Wohnzimmers in einem
riesigen Ohrensessel
gegenübersaß und
unaufhörlich auf mich
einredete. Am Ende
begriff ich nur soviel,
daß, obwohl schon um die
Jahrhundertwende in
allen größeren Städten
Europas Tischtennis
gespielt wurde, es hier
in diesem Teil Berlins
keinen organisierten
Tischtenniswettkampfsport
gab.
Werner Teichert spürte
wohl die seltene Chance,
jemanden für den Aufbau
einer eigenen
Tischtennisabteilung
gewinnen zu können.
Niemals, so sagte ich,
würde ich
Sportfunktionär. Doch
der alte Fuchs ließ
nicht locker: „Du willst
doch Tischtennis
spielen, oder...?" Nicht
zuletzt wegen seiner
Hartnäckigkeit und
seines
unerschütterlichen
Vertrauens in das
Gelingen gebührt ihm das
Verdienst, die
Geburtsstunde der
Tischtennisabteilung
eingeläutet zu haben,
obwohl noch fast zwei
Jahre bis zur Gründung
der damaligen Sektion
Tischtennis vergehen
sollten. Aber auch der
bald darauf neugewählte
Vorsitzende, Gerhard
Prill, hat Herz und
Engagement für unseren
Sport bewiesen, sich
stets tolerant gegenüber
abteilungsinternen
Entscheidungen
verhalten, war aber
immer da, wenn wir ihn
brauchten.
Am Freitag, dem 19.
September 1980, wurde
die Sektion Tischtennis
der nunmehrigen BSG
Medizin Marzahn -
inzwischen war Mahlsdorf
dem 1979 neugebildeten
Bezirk Marzahn
zugeschlagen worden -
gegründet. Die Namen der
fünf Gründungsmitglieder
waren: Carsten Cudok
(Jahrgang 1962), Kai
Grasnick (Jahrgang
1965), Klaus Prösdorf
(Jahrgang 1945), Manuela
Schmidt (Jahrgang 1963)
und Wolfgang Standke
(Jahrgang 1936). Carsten
Cudok, Klaus Prösdorf
und Wolfgang Standke
sind noch heute in
unserem Verein.
Gründungsort war die
Turnhalle der damaligen
21. Polytechnischen
Oberschule, der heutigen
F.-C.-Achard-Grundschule,
in der Kaulsdorfer
Adolfstraße.
Kaum vorstellbar
erscheinen heute die
äußerst ungünstigen
äußeren Bedingungen,
unter denen wir damals
begannen. Zwei ständig
reparaturbedürftige, arg
vom Schulsport
strapazierte
Tischtennisplatten,
fehlende Umkleideräume
(umziehen mußte man sich
auf der Podiumsbühne der
Turnhalle),
Lichtverhältnisse, die
Gegner und eigene
Spieler oft verzweifeln
ließen, waren nicht
gerade die besten
Startbedingungen,
konnten aber die
Entwicklung nicht
aufhalten. Größtes Plus
und Potential für unsere
Arbeit war die in dieser
Schule bereits einige
Jahre bestehende
Schularbeitsgemeinschaft
Tischtennis unter
Leitung von Wolfgang
Standke. Er war hier
Lehrer und
Vollblutvolleyballer,
aber eben auch
Tischtennisspieler und
ist dieser Sportart bis
heute treu geblieben.
Ende 1980 waren wir acht
Mitglieder, davon drei
Jugendliche, und
spielten in der 2.
Kreisklasse, der damals
untersten Spielklasse.
Um die Spiel- und
Trainingsbedingungen zu
verbessern, besorgten
wir uns auf privatem
Wege von der Feuerwehr
zwei Flutlichtstrahler
und montierten diese -
in der Höhe verstellbar
- in unserer Turnhalle.
Ende 1981 war unsere
damalige Sektion auf 25
Mitglieder, darunter 15
Kinder bzw. Jugendliche,
angewachsen. Zwei
Herrenteams und eine
Jugendmannschaft standen
im Spielbetrieb, und bei
den 1.
Kreismeisterschaften des
Stadtbezirks Marzahn
konnten wir drei
Kreismeister stellen,
errangen darüber hinaus
einen zweiten und einen
dritten Platz. Damit
waren wir im Tischtennis
der erfolgreichste
Verein. Unsere ersten
Kreismeister waren
Sabine Schmidt im
Damen-Einzel, Manuela
Schmidt/Cornelia Rose im
Damen-Doppel und Bernd
Schindler/Klaus Prösdorf
im Herren-Doppel.
Endlich, am 1. Januar
1982 hatten wir es
geschafft. Als neue
Trainings- und
Wettkampfstätte
erhielten wir die
Turnhalle der damals
neuerbauten 22.
Polytechnischen
Oberschule in der
Kaulsdorfer
Bausdorfstraße (heute
Grundschulteil der
Jules-Verne-Oberschule)
zugewiesen. Sie steht
uns seitdem an zwei
Abenden in der Woche,
jeweils montags und
freitags, sowie am
Sonntagvormittag zur
Verfügung. Hier fanden
wir ausreichend Platz,
um neun
Tischtennisplatten
aufzustellen, dazu
hatten wir gute bis sehr
gute Lichtverhältnisse.
Auch Umkleidekabinen mit
Duschen standen uns zur
Verfügung, und wir
erhielten
Schlüsselgewalt für die
Eingangstür zu unserer
Halle. Diese Turnhalle
in der Bausdorfstraße
ist auch noch heute
unsere Heimstatt.
Dank tatkräftiger
Unterstützung durch
unseren Vereinsvorstand
und die Abteilung Jugend
und Sport des damaligen
Marzahner Bezirksamtes
standen uns Ende 1982
bereits 11
Tischtennisplatten zur
Verfügung. Wir
übernahmen die Betreuung
der
Tischtennis-Arbeitsgemeinschaften
beider Schulen, der 21.
und der 22., womit wir
zugleich unseren
Nachwuchs sicherten. Ein
Wahnsinnserfolg war der
Aufstieg der 1.
Männermannschaft in der
Besetzung Prösdorf,
Standke, Cudok und
Schindler, unvergessen
ein solches Spiel wie
das von Schindler gegen
Schiemann (Adlershof),
aber auch die
nachfolgende
Aufstiegsfeier.
Die günstigen materiellen
Bedingungen, die
Bemühungen der
Übungsleiter, aber auch
die sportlichen Erfolge
führten zu einem
kontinuierlichen Anstieg
der Mitgliederzahlen,
insbesondere der
jugendlichen Mitglieder
unserer Sektion bzw.
heutigen Abteilung. Ende
1983 verzeichneten wir
41 Mitglieder, darunter
20 Kinder und
Jugendliche. 1986 waren
es 52 Mitglieder, die
mit acht Mannschaften am
Wettkampfbetrieb
teilnahmen und 1989
schon 70 Mitglieder,
davon 31 Kinder und
Jugendliche, die in elf
Wettkampfmannschaften
spielten. Nach einer
kurzen Stagnation in der
Wendezeit (1992 zählte
die Abteilung 60
Mitglieder) wuchs die
Mitgliederzahl im Jahre
1994 auf 80 und 1996 gar
auf 100. Etwa die Hälfte
davon sind Kinder und
Jugendliche. Im
Wettkampfjahr 1995/96
vertraten den BSV
Eintracht nicht weniger
als 13 Mannschaften,
darunter erstmals auch
eine Seniorenmannschaft.
Im Ergebnis intensiver
Trainingsarbeit ließen
auch weitere sportliche
Erfolge nicht lange auf
sich warten. Schon 1983
konnten wir bei den
Kreismeisterschaften
erneut als
erfolgreichster Verein
abschneiden. Bei der
Kreisspartakiade der
Kinder und Jugendlichen
im gleichen Jahr
errangen unsere jungen
Sportler acht Gold-,
sieben Silber- und neun
Bronzemedaillen, womit
wir auch hier die
erfolgreichste
Mannschaft stellten. Die
1. Herrenmannschaft
stieg in die 1.
Kreisliga und die
männliche Jugend in die
Bezirksklasse auf. Schon
ein Jahr später, 1984,
gelang der männlichen
Jugend in der Besetzung
Gemmer, Fiedler, St.
Cudok, Funk, aber auch
der weiblichen Jugend
mit Löwe, Blümel, Rehak
und
Stärkung
vor dem ersten
Auslandsturnier in
Dänemark 1992
Umlauf der Aufstieg in
die Bezirksliga, der
höchsten Jugendklasse
Ostberlins. In den
Jahren 1984 und 1985
gewannen unsere Damen
zweimal hintereinander
den FDGB-Kreispokal.
Bei der
Bezirksspartakiade der
Kinder und Jugend 1985
konnte unsere Carola
Bratvogel zweimal Gold
erringen, und die 1.
Herrenmannschaft
erkämpfte in diesem Jahr
in der Besetzung
Prösdorf, Standke,
Klensky, Schindler und
Dung, einem
sympathischen
vietnamesischen
Sportler, den Aufstieg
in die Bezirksklasse. -
Dung LY Truc, Architekt,
Karikaturist und
Hobbykoch und über
mehrere Jahre beliebtes
Mitglied des Vereins und
unserer 1.
Männermannschaft, war
ein ausgezeichneter
Defensivspieler, 1986
sogar Sektionsmeister im
Einzel, ehe er 1987
wieder in seine Heimat
zurückkehrte. - In der
Besetzung Böhme,
Prösdorf, Klensky, Dung
und Zech erspielte die
Mannschaft schließlich
1987 den Aufstieg in die
nächsthöhere
Spielklasse, der die
Mannschaft zwei Jahre
angehörte.
Wenn es auch der 1.
Männermannschaft nach
der Wende nicht
unmittelbar gelang, die
1. Kreisliga, in die sie
eingestuft worden war,
zu halten, haben im
Jahre 1993 doch alle
zehn weiteren
Mannschaften den
Aufstieg in die
nächsthöhere Spielklasse
geschafft. Nachdem die
1. Män-
Turnier in Ejsberg/Dänemark 1994 (Im Hintergrund Abteilungsleiter Frank
Böhme)
nermannschaft jedoch das
Ausscheiden einiger
wichtiger Spieler
verkraftet hatte, gelang
auch ihr, neuformiert,
im Jahre 1996 in der
Besetzung Bolz, Th.
Krüger, Stingl, Böhme,
Prösdorf, Leschik und
Wollenburg nach einer
großartigen Saison
wieder der Aufstieg in
die 1. Kreisliga. Im
gleichen Jahr erkämpfte
sich die neugebildete
Seniorenmannschaft einen
Platz in der 4. Klasse.
Mit phantastischen
Leistungen wartete auch
die 1. männliche
Jugendmannschaft auf,
die mit Martin Schmidt,
Kolja Krüger, Tobias
Bänsch und Michael Höhne
den Aufstieg in die
Meisterliga, Berlins
höchster Jugendklasse,
erkämpfte und sich dort
auch behauptete.
Erstmals nahmen unsere
Sportler im Jahre 1992
am größten europäischen
Tischtennisturnier in
Ejsberg/Dänemark teil,
an dem sie sich auch im
Folgejahr beteiligten.
1995 fuhren wir dann zu
einem internationalen
Turnier nach Winterthur
in die Schweiz, dem sich
1996 eine erfolgreiche
Teilnahme an einem
Turnier in Brüssel
anschloß. Hier haben
Cornelia Rösler einen
ersten Platz bei den
Damen und Klaus Prösdorf
einen zweiten bei den
Senioren errungen.
Eine wichtige Rolle in
der Entwicklung der
Abteilung Tischtennis
spielten immer
Freundschaftsvergleiche
mit anderen Vereinen.
Bereits 1983 fand ein
solcher Vergleich mit
der BSG Medizin Jena
statt. Ihm folgte 1984
der erste
Freundschaftsvergleich
mit Germina Fambach, der
eine langjährige
Verbindung einleitete,
und 1985 mit der BSG
Rostock-Süd. Nach dem
Fall der Mauer trugen
wir im Jahre 1990 die
ersten
Freundschaftsspiele mit
dem SCC Charlottenburg
und der SG Kaarst aus.
Anläßlich unseres 10-
bzw. 15jährigen
Bestehens führten wir in
unserer Halle
Zweier-Mannschafts-Turniere
durch, zu denen wir
jeweils befreundete
Mannschaften aus Berlin
und der Umgebung
eingeladen haben. Zum 1.
Turnier am 26. Januar
1991 waren unserer
Einladung gefolgt:
Sportfreunde von RW
Neuenhagen, TSV
Marienfelde und dem SSC
Charlottenburg; am 2.
(1995) nahm unter
anderen auch die 1.
Mannschaft des
Polizei-Sportvereins
teil, die auch den
Wettkampf gewann.
Nicht wegzudenken aus dem
Leben der Abteilung
Tischtennis sind die
geselligen
Veranstaltungen und
Unternehmungen, die die
alltäglichen Mühen
belohnten und das
Zusammengehörigkeitsgefühl
beförderten. Erwähnt
werden müssen hier unter
anderen der Schach- und
Tischtennisvergleich mit
der damaligen Sektion
Schach im Jahre 1983,
die jährlichen
Gartenfeste bei Jens
Liebnitz und Wolfgang
Standke, die
wiederholten
Wochenendfahrten mit den
Familienangehörigen nach
Plau am See auf das
Grundstück unseres
Rainer Looks sowie die
jährlichen Skatturniere.
Gebührend gefeiert
wurden das fünfjährige
Bestehen der Abteilung
am 14. März 1986 in der
Gaststätte „Südstern" in
Mahlsdorf-Süd und das
zehnjährige im
„Marzahner Krug". Einen
Höhepunkt bildete
zweifellos die
einwöchige Belgien-Reise
im Jahre 1996, die mit
der glücklichen
Teilnahme am Brüsseler
Tischtennisturnier
verbunden war.
Waren die Fragen der
Organisation zu
DDR-Zeiten durch die
Sportpolitik von Partei
und Staat gesetzt, so
erforderten die Wende
und die Eingliederung in
das bundesdeutsche
Sportleben nach 1990
eigenständige
Entscheidungen. Die
Mehrheit der Mitglieder
der Abteilung
Tischtennis votierte für
die Aufnahme in den
Betriebssportverband.
In der Folge starteten
zwei Herrenmannschaften
den neuen
Wettkampfbetrieb unter
dem Namen "Maler Carius".
Der Namensgeber, unser
Mitglied Gert Carius,
sponserte diese
Mannschaften auch mit
Spielkleidung und
Bällen. Er unterstützte
aber auch in den
Folgejahren die
Abteilung finanziell mit
nicht unerheblichen
Beiträgen. - Zwei
Herrenmannschaften sowie
die Kinder und
Jugendlichen verblieben
jedoch im BFA
Tischtennis, der im Mai
1990 mit dem Berliner
Tischtennis-Verband
fusionierte. Am 1.
Januar 1991 beantragten
wir dann formell die
Aufnahme in den Berliner
Tischtennis-Verband e.V.
als Abteilung
Tischtennis des Berliner
Sportvereins Eintracht
Mahlsdorf e.V.
Gegen Ende des Jahres
1991 mußten wir jedoch
feststellen, daß der
Wettkampfbetrieb in zwei
verschiedenen
Fachverbänden mit
unterschiedlichen
finanziellen
Anforderungen und
Wettkampfstrukturen
keineswegs
leistungsfördernd,
sondern eher
entwicklungshemmend auf
die Abteilung wirkte.
Nach offenen und
klärenden Gesprächen
unter Freunden wurden
noch im November 1991
auf einer
Mitgliederversammlung
Konsequenzen gezogen.
Eine neue
Abteilungsleitung wurde
gewählt, bestehend aus
neuen Kandidaten und
erfahrenen
Sportfunktionären.
Mehrheitlich wurde
beschlossen, nach
Beendigung des
Spieljahres 1991/92 den
Austritt aus dem
Betriebssportverband zu
vollziehen. Darüber
hinaus wurden die
Beiträge den neuen
Bedingungen angepaßt,
die Aufnahmemodalitäten
und die Trainingszeiten
neu festgelegt. Seit dem
Wettkampfjahr 1992/93
nehmen alle unsere
Mannschaften am
Spielbetrieb des
Berliner
Tischtennis-Verbandes
e.V. teil. |