Liebe Juanita, liebe Familie von
Andreas, liebe Freunde, liebe
Eintracht-Gemeinschaft
so hatten wir uns das mit der
Rückkehr von Andreas in unsere
Halle nicht gedacht. Es war ja
in den letzten Monaten kaum ein
Trainingstag vergangen, an dem
hier nicht sein Name fiel.
Irgendeiner sprach immer vom
Präsi, vom Langen, von Mutti,
von Schecke – Andreas hatte
viele Namen im Verein, einfach,
weil jeder von uns eine
Beziehung zu ihm hatte. Und
jeder sagte auf seine Art: Er
fehlt, es wird Zeit, dass er
hier wieder über irgendwelchen
Papieren sitzt, dass er
irgendeine Mitteilung ans
schwarze Brett heftet, dass er
vor allem an der Platte wieder
mit seinen langen Armen die
unmöglichsten Bälle zurückbringt
und dabei sein Schlachtruf die
Hallenwände zittern lässt. Dass
dies nicht mehr sein wird, dass
er nie wieder in seiner
unnachahmlichen Art die Players
Night für eröffnet erklärt,
dafür fehlen die Worte. Und
trotzdem hat er es verdient,
dass wir sie für ihn finden.
Ohne Andreas ist die Halle
noch immer undenkbar. In 26
Jahren ist er zum Zentrum, zur
Seele des Vereins geworden.
Dafür wollen wir uns auch bei
Dir, liebe Juanita, und der
ganzen Familie, bedanken. Ihr
ließt ihn machen. Dass wir heute
mit Ihnen zusammen hier – wie
sie es selber sagen - in seinem
zweiten Wohnzimmer an Andreas
denken, das würde ihn freuen.
Und, so traurig der Anlass auch
ist, es freut auch uns. Es war
ein bisschen wie beim Hase- und
Igel-Spiel. Wann immer man in
die Halle kam, Andreas war schon
da. Er hat das Tischtennis
wahrscheinlich wie kein Zweiter
von uns geliebt und gelebt.
Keiner hat sich wohl so
euphorisch gefreut und so
intensiv gelitten an der Platte.
Sein Triumphschrei über einen
besonders gelungenen Ball und
sein aus tiefster Brust
gestöhntes „Och nöö“ über eine
vergebene Chance sind seit 1997
Markenzeichen des Vereins.
Sein bester Freund Ralle
erinnert sich, wie sie damals
sozusagen im Familiendoppelpack
mit den Kindern in die
Bausdorfstrasse kamen. Zuvor
hatten sie bereits im Block am
Feldberger Ring, wo sich die
beiden Nachbarn eine Platte in
den Hof gestellt hatten, ihre
Privatmeisterschaften
ausgetragen. Die Bewohner riefen
genervt „Mittagsruhe“ aus den
Fenstern, der noch
ungeschliffene Rohdiamant von
der Rostocker Ostseeküste und
der Bautzener Stadtmeister aber
prügelten in jeder freien Minute
auf Ball und Platte ein.
Jungspund Ronny, der ebenfalls
um die Ecke wohnte, kam ab und
an mit dazu. Er spielte schon
bei der Eintracht. Seinem schon
damals feinen Händchen haben wir
es mit zu verdanken, dass die
beiden bei uns landeten.
Eigentlich wollten die Alten ja
nur ihren Sprößlingen das
Tischtennis schmackhaft machen.
Nun ja, die Mädels hatten
Besseres vor. Aber Andreas und
Ralf duellierten sich fortan in
einer der Hallenecken. Der
Centercourt war ihnen noch
verwehrt. Aber als sich unser
heutiger Ehrenpräsident Willy
und Gerd Carius der beiden Neuen
mit den Worten „Hey ihr
Wasserpfeifen, wollt ihr mal
gegen richtige Gegner spielen“
erbarmten, war die freundliche
Aufnahme in die
Eintracht-Familie endgültig
vollzogen.
Kurze Zeit später gehörten
beide schon zur fidelen
Senioren-Reisegruppe, die sich
seit der Jahrtausendwende in
unterschiedlichster Besetzung
alljährlich zu WM- und
EM-Meisterschaften in die weite
Welt aufmachte. Karin, Klaus und
Doris berichten von der ersten
gemeinsamen Reise 2000 in
Kanada. Sie kannten den Langen
noch kaum. Aber unterwegs durch
die Rocky Mountains wurde er für
sie dank seiner wunderbaren
Gabe, mit scheinbar kleiner und
doch so einnehmender Geste auf
jeden zugehen zu können, schon
zur Mutter der Kompanie. Als
noch im selben Jahr der Verein
plötzlich führungslos war, fiel
in Krisensitzungen schnell sein
Name. Obwohl er erst drei Jahre
dabei war, gehörte er schon ganz
selbstverständlich zum Kern.
Andreas fühlte sich durch das
Vertrauen geehrt, er wollte gern
Verantwortung übernehmen und
verwies aber auch darauf, dass
ihm die große Bühne nicht
behagt, er lieber im Hintergrund
wirkt. Er brachte selbst in
einem der vielen Gespräche über
die Zukunft des Vereins auf dem
Balkon bei Reinhard die Idee von
der Eintracht-Doppelspitze mit
Willy ein. Zusammen wurden die
beiden für rund zehn Jahre zu
einem aufeinander eingespielten
Duo.
Andreas fuchste sich als
Stellvertreter und stiller
Macher in die eher ungeliebte
Bürokratie ein. Ganz in seinem
Element aber war er, wenn er
unter uns Sportlern war, wenn er
jung und alt zusammenbringen
konnte. Es gehörte zur Tradition
seiner Mannschaft mit Ralle,
Matze und dem Coach Carsten als
Kern, dass immer ein
Jugendlicher mit ins Team geholt
wurde. Es war ihm eine
Herzenssache, sie zu fördern und
ihnen den „Feinschliff bei
Mutti“ zu verpassen, wie er es
grinsend nannte. Die beiden
Felixe, Tobias, Alex sind nur
einige von ihnen, die heute in
unseren oberen Mannschaften
spielen. Mit dem noch blutjungen
Felix Dembowsky hat er zum
Beispiel allen anderen
Spitzenduos des Vereins die Show
gestohlen und die
Eintracht-Doppelmeisterschaft
gewonnen. Zur guten Sitte dieser
Mannschaft gehörte es auch, dass
sie sich zum Saisonabschluss zur
Gartenfeier bei Carsten
versammelte.
„Mannschaftsbesprechung bei den
Mahlsdorf Tigers“ hieß das im
verschmitzt präsidialen
Andreas-Jargon. Auch als
Ersatzspieler und mit 0,0
Punkten Anteil am Saisonergebnis
war man da ausdrücklich
eingeladen. Und von Andreas gab
es für jeden ein dankendes,
anerkennendes Wort samt einem
kleinen Präsent. Mutti kümmerte
sich halt. Seine
Geburtstagsgrüße an alle und
jeden sollten legendär werden –
ob er sie nun von der Skipiste,
der Gondel in den Gärten der
Welt oder sonst wo versendete,
er vergaß keinen.
Andreas konnte aber nicht nur
die kleine Runde. Zunächst mit
Willy und später dann, als sich
Willy in den Ruhestand und nach
Polen verabschiedete, ab 2011
selber als „Präsi“ führte er den
Verein, bzw. genauer gesagt die
Abteilung Tischtennis, mit dem
wachen Blick fürs Ganze. Unter
seinen Fittichen wuchs die
Eintracht in den letzten gut
zehn Jahren sowohl in der Breite
als auch in der Spitze.
Freizeitspieler um Volker, Zhu
und die anderen waren genauso
willkommen wie die Neuenhagener
um Stephan, Maik, Guido und alle
weiteren, die bei uns eine neue
Heimstatt suchten und fanden.
Andreas war immer auch für
Veränderung offen. Er wusste,
dass die Oberliga-Damen um
Viola, Carola, Heike, Conny und
Doreen den Verein bereichern
würden. Er stellte sich selbst
gern als Fahrer in ihre Dienste,
weil es ihm gefiel, dass das
Spiel in den Eintracht-Trikots
generell auf ein neues Niveau
gehoben wurde.
Als Bernhard in Porec
Senioren-Weltmeister wurde,
hatte Andreas auf der Tribüne
Tränen in den Augen. Er konnte
sich so kindlich freuen und zwar
nicht nur über den eigenen
gelungenen Ball, sondern auch
über den Erfolg und den
Fortschritt von jeder und jedem.
Andreas war der größte Förderer
und der größte Fan seiner
geliebten Eintracht. Dafür
machte ihn der Gesamtverein 2017
auch zu seinem Ehrenmitglied.
Wer wenn nicht er?! Und dabei
konnte Andreas, so unaufgeregt
und geräuschlos er als
Abteilungsvorsitzender auch
agierte, als Spieler an der
Platte durchaus auch ein
angsteinflößendes Urvieh sein.
Wenn er in Erwartung des
gegnerischen Anschlags tief in
die Hocke ging und die Arme
ausbreitete wie ein Sumoringer,
lag pure Leidenschaft und
Elektrizität in der Luft. Er
konnte den Spin derart in den
entlegensten Winkel hinter der
Platte zirkeln, den hätte er
selber nie und nimmer gekriegt.
Und er hat wahrlich so manchen
Ball herausgefischt. Aber auch
wenn ihm ein Gegner den Ball
gnadenlos um die Ohren haute,
rief er voller Bewunderung:
„Schön!“
Der Lange war ein Sportsmann
durch und durch. Er konnte die
Brust breitmachen und er konnte
die Leistung des Kontrahenten
anerkennen. Er war ehrgeizig,
besser werden, das war für ihn
auch jenseits der 50 oder 60
eine ganz selbstverständliche
Option. Mit Lothar bereitete er
sich im Frühjahr 2022 akribisch
auf das Doppelturnier der
Senioren-WM in Rimini/ Italien
vor. Er wollte was reißen.
Während viele von uns als
Tischtennis-Touristen zu den
internationalen Turnieren
unterwegs waren, setzte Andreas
sich immer auch sportliche
Ziele. Er liebte diese
Meisterschaften, von denen er
seit Kanada kaum eine ausließ.
Manchmal war er so aufgeregt, da
brachte er das Kunststück fertig
und fabrizierte gleich fünf,
sechs Fehlaufschläge in einem
einzigen Satz. Dann grummelte er
ein paar Worte der Enttäuschung
in sich hinein und zog erstmal
von dannen. Wenig später stand
er wieder mitten drin, um die
anderen anzufeuern. Es freute
ihn, wenn wir auf den Vereins-,
Jugend- und Seniorenfahrten in
ganz großer Truppe aufschlugen.
Esbjerg, Mettingen, Liberec –
sportliche Ambition und
Geselligkeit, das war für
Andreas Vereins-DNA. Dass ihm
dabei auch mal ein Auto abhanden
ging, nahm er mit hanseatischer
Gelassenheit zur Kenntnis. Die
gute Laune ließ er sich dadurch
nicht vermiesen.
Unvergessen die lange
Gartentafel von Porec, an der
wir dank seiner Organisation
zusammen mit den tschechischen
Freunden aus Trutnov um Karel,
Peppi, Radek in bunter
durchmischter Runde viele Abende
zusammensaßen. Die besondere
Freundschaft, die unsere beiden
Vereine verbindet, ist
vielleicht sein liebstes
Tischtennis-Kind geworden.
Wenn er von Trutnov sprach,
wenn wieder Besuche dies- und
jenseits der Grenze anstanden,
dann leuchteten seine Augen und
viele von uns haben sich von
dieser Begeisterung anstecken
lassen. Dass Katrin und Radek
sogar ihr gemeinsames
persönliches Glück gefunden
haben, das gehört zu den schönen
Geschichten des Lebens, an denen
Andreas mitgeschrieben hat.
So hat es unser Präsi
hingekriegt, dass in einem
Verein mit über 140 Mitgliedern
wohl jeder seine ganz eigene
persönliche, im besten Sinne
warmherzige Verbindung mit ihm
hatte.
Andreas kommt nicht mehr in
die Halle, aber er ist und
bleibt immer hier. |